Baubegleitendes Facilty Management © Panumas/AdobeStock
Baubegleitendes Facility Management: So unterstützen Facility Manager den Bau alltagstauglicher und wirtschaftlicher Gebäude
Baubegleitendes Facility Management: So unterstützen Facility Manager den Bau alltagstauglicher und wirtschaftlicher Gebäude Planungs- und baubegleitendes Facility Management (pbFM) unterstützt Bauherren und Betreiber dabei, kostenintensive Planungsfehler und unnötig hohe Wartungskosten zu vermeiden. Dieser Beitrag verschafft Facility Managern einen Überblick, welche Aufgaben beim baubegleitenden FM auf sie zukommen – und welche Fragen zu klären sind.
Baubegleitendes Facility Management: Der Grundstein für wirtschaftliche Immobilien
Beim Bau neuer Gebäude treffen regelmäßig Welten aufeinander. Der Ingenieur fragt sich entrüstet, wie er die kreativen Ideen des Architekten in ein Gebäude übersetzen soll, das nicht nur schön aussieht, sondern auch sicher steht. Der Architekt fühlt sich vor die Brust gestoßen, weil der Ingenieur sich regelmäßig mit der Bitte um Kompromisse und Änderungen an ihn wendet. Und hier soll nun noch eine dritte Partei hineinspielen, die noch einmal aus einer gänzlich anderen Richtung Anforderungen umgesetzt sehen will?
Für Bauherren mag das baubegleitende Facility Management auf den ersten Blick wie ein unnötiger Konfliktpunkt wirken. Fest steht jedoch: Von den gesamten Lebenszykluskosten eines Gebäudes machen die Planungs-, Bau- und Abbruchkosten nur etwa 20 Prozent aus. Die technische Instandhaltung, die Unterhaltsreinigung sowie alle weiteren Betriebskosten schlagen hingegen mit 80 Prozent zu Buche.
Genau hier zeigt sich ein erster entscheidender Pluspunkt des pbFM: Baubegleitendes Facility Management kann die späteren Betriebskosten um bis zu 20 Prozent senken, während es gleichzeitig für eine hohe Nutzungsqualität sorgt.
Umgekehrt bedeutet das: Wer ohne baubegleitendes Facility Management plant, verschwendet Potenzial, treibt Kosten in die Höhe und hemmt die Werterhaltung des Gebäudes. Fehlende oder falsch dimensionierte Räume, zu enge Türen und Flure, zu viele Winkel, keine Möglichkeiten, das Gebäude nachträglich mit dem IoT (Internet of Things – Netzwerk aller physischen Objekte) zu verbinden oder schwer zugängliche Wartungspunkte sind nur einige der Fehler, die Planern und Errichtern ohne das wachsame Auge eines Facility Managers unterlaufen.
Für Bauherren und Planer lohnt es sich daher, Ihre Praxiserfahrung in das Projekt einfließen zu lassen. Denn als Facility Manager wissen Sie genau, auf was es in der alltäglichen Nutzung ankommt. Letztlich helfen Sie so nicht nur dabei, das Gebäude kosteneffizient zu bauen – sondern auch wirtschaftlich zu betreiben.
Höchste Zeit also, dem pbFM mehr Bedeutung zuzumessen. Erfahren Sie jetzt, wie Sie als Facility Manager Ihre Expertise nutzenstiftend einbringen können.
Die 4 Handlungsfelder des baubegleitenden Facility Managements
Je früher FM ins Projektteam einsteigt, desto einfacher ist es für alle Beteiligten, Anforderungen, Voraussetzungen sowie Aufgaben abzustimmen und gezielt zu planen.
Um das volle Potenzial des baubegleitenden Facility Managements auszuschöpfen, sollte der Bauleiter den FMler deshalb bereits während der Konzeptionsphase an Bord holen. Angelehnt an die Leistungsphasen der HOAI sollte das Facility Management entsprechend bereits in Leistungsphase 1 (Grundlagenermittlung) hinzugezogen werden. In der GEFMA-Lebenszyklusphase entspricht dies Phase 0.
Mit dem Fortschreiten des Projekts wird es immer schwieriger, Änderungen vorzuschlagen und umzusetzen. Spätestens mit Ende der HOAI-Phase 3 (Entwurfsplanung) sind tiefgreifende Änderungen zur wirtschaftlichen und verwaltungstechnischen Optimierung des Gebäudes kaum noch möglich.
Doch lassen Sie uns ganz von vorn beginnen. Was sind die Handlungsfelder und Aufgaben des baubegleitenden Facility Managements?
pbFM während der Konzeptionsphase
Noch bevor es an die eigentliche Planung des neuen Gebäudes geht, wird das planungs- und baugebegleitende Facility Management aktiv. In einem ersten Schritt prüfen Sie, welche Anforderungen sich aus der beabsichtigten Nutzung und Bewirtschaftung ergeben. Das heißt z.B.:
- Um welche Art von Gebäude handelt es sich? Ist es ein reines Wohngebäude, ein Bürogebäude, eine Produktionsstätte, eine Mischimmobilie, ein Shoppingcenter usw.
- Wer wird im Gebäude arbeiten und welche Räumlichkeiten sind dazu notwendig? Standard-Büroflächen oder Sanitärbereiche wird schon der Architekt im Blick haben. Aber wie steht es um Bereiche für Personen und Prozesse hinter den Kulissen – z.B. ausreichend große Lager- und Arbeitsräume, Räume für die Haustechnik und oder leicht zugängliche Wartungspunkte?
- Mit der Digitalisierung im Blick ist es zudem sinnvoll, bereits das IoT einzuplanen – oder zumindest Voraussetzungen, damit dieses bei Bedarf einfach nachgerüstet werden kann. Zum Beispiel in Form von miteinander kompatiblen Sensorsystemen. Oder intelligenten Aufzügen, die mit autonomen Reinigungsmaschinen kommunizieren, sodass diese selbstständig die Etage wechseln können.
Ein Abstimmen, mit den Planern klärt, wer im Projektteam für welche Aufgaben zuständig sein wird. So lassen sich Lücken, Überschneidungen und Missverständnisse vermeiden.
Planungsbegleitendes Facility Management
Nun stehen konkrete Zielsetzungen an der Tagesordnung, um das Bauprojekt sowie das fertige Gebäude wirtschaftlich zu optimieren und eine langfristige Attraktivität zu sichern. Das planungs- und baubegleitende Facility Management beschäftigt sich in dieser Phase mit folgenden Aufgaben.
Kostenfaktoren identifizieren
Identifizieren der größten Kostenverursacher im späteren Betrieb. Welche davon lassen sich eliminieren? Wo lassen sich durch alternative Planung Kosten senken? Beispiele wären etwa:
- Das Ersetzen reiner Rasenflächen durch Pflanzen, die nur wenig Wasser und Pflege benötigen, aber dennoch die Umgebung des Gebäudes aufwerten.
- Die Wahl eines Bodenbelags, der nicht nur schön aussieht, sondern auch einfach zu reinigen und robust ist.
- Das Optimieren des Ressourcenverbrauchs durch smarte Raumsteuerung – etwa mit Heizungen, die nur in aktuell genutzten Räumen laufen.
- Das Ersetzen von geplanten Systemen, die Ihrer Erfahrung nach sehr wartungsintensiv sind, ohne im Alltag einen wirklichen Mehrwert zu bieten.
Hilfestellung zur Planung der Lebenszykluskosten finden Sie z.B. in der GEFMA-Richtlinie 220 oder verschiedenen FM-Softwares wie PlanRadar.
Betriebs- und Betreiberkonzept erstellen
Zu den Aufgaben im planungs- und baubegleitenden Facility Management zählt auch das Erstellen von Betriebs- und Betreiberkonzepten über den gesamten Lebenszyklus hinweg:
- Betriebskonzept als Grundlage für das Dienstleistungskonzept – HOAI-Phase 1, GEFMA-Lebenszyklusphase 0 & 1
- Umfassendes Nutzerprofil inklusive Nutzerstruktur und Rahmenbedingungen
- Leistungsprofile von FM-Prozessen und Prozesse/Betriebsabläufe im Kerngeschäft
- Flächenbedarf, funktionale Anforderungen an die Flächen
- Betreiberkonzept als Grundlage für den Gebäudebetrieb – HOAI-Phasen 1-9, GEFMA-Lebenszyklusphasen 1-9
- Generelle Anforderungen an den optimalen Betrieb, die sich aus Betreiberkonzept ergeben
- Konkretisierung der Strategie durch Aufgabenprofile, Bewirtschaftungskonzepte, Dokumentationsstandards etc.
Hilfestellungen und Richtlinien bieten Ihnen GEFMA 100-2, GEFMA 192, GEFMA 200, DIN 277 sowie DIN 1522.
Transparenz schaffen
Zu Fehlern und falschen Schritten kommt es häufig dann, wenn das Know-how bei einer Person verbleibt. Um langfristig die Wirtschaftlichkeit des Gebäudes zu erhalten, sollte das baubegleitende Facility Management seine Entscheidungen transparent kommunizieren:
Warum genau haben Sie welche Entscheidungen getroffen – wie wirken sich diese auf die Wirtschaftlichkeit und Werterhaltung aus?
Achten Sie bereits beim Erstellen des Betreiberkonzepts darauf, Anforderungen und Strategien nachvollziehbar darzustellen. Darüber hinaus bietet es sich an, auch während der Übergabe des Gebäudes noch einmal eine umfassende Einführung anzubieten.
Baubegleitendes Facility Management
Beim eigentlichen Bau des Gebäudes hat der Facility Manager freilich nicht mehr viel in der Hand. Beim baubegleitenden Facility Management an sich geht es vielmehr darum, das Umsetzen der vereinbarten Anforderungen zu überprüfen – zum Beispiel eben, ob Wartungspunkte oder Sensorsysteme sinnvoll verbaut werden.
Zweitens unterstützt der Facility Manager den Bauherrn sowie die Fachplaner bei der Abnahme und Übergabe des Gebäudes. Mit Fokus auf die Alltagstauglichkeit und Dienstleistungs-Workflows helfen Sie, dass auch in dieser Phase nichts übersehen wird, was sich später negativ auf Betrieb, Wartung und Lebenszyklus des Gebäudes auswirken könnte.
Nach der Fertigstellung
Nach der Fertigstellung des Gebäudes hat das baubegleitende Facility Management seine Aufgabe erfüllt. Nun heißt es, wie gewohnt den wirtschaftlichen und nachhaltigen Betrieb des Gebäudes sicherzustellen.
Halten Sie jedoch auch hier die Augen offen und haben Sie ein offenes Ohr für Dienstleister und Nutzer des Gebäudes. Möglicherweise ergeben sich unerwartet die ein oder anderen Ideen zur Effizienzsteigerung, die Sie dann in ein nächstes Bauprojekt einbringen können.
Exkurs: BIM für innovatives pbFM
BIM – das steht für Building Information Management, zu deutsch „Gebäudedatenmodellierung“. BIM kann das gesamte Bauprojekt revolutionieren, indem es in einem digitalen, dreidimensionalen Zwilling des Gebäudes sämtliche relevante Daten aller beteiligten Gewerbe aus Planung, Bau und Betrieb zusammenstellt.
So verschafft es Ihnen und dem Projektteam schon während der Konzeption wertvolle Einblicke in die Wirtschaftlichkeit des Gebäudes. Zweitens werden Kommunikationsprobleme vermieden: Jeder sieht klar, was zu tun ist. Nach der Fertigstellung erleichtert BIM Ihnen und Ihren Dienstleistern zudem Betrieb und Wartung, sodass Sie die Ansprüche der Nutzer zur vollen Zufriedenheit erfüllen können.
Seit 2020 ist der Einsatz von BIM für öffentliche Infrastrukturprojekte verbindlich, seit 2022 auch für Bundesbauten. Darüber hinaus hat BIM in Bauprojekten noch keinen breiten Fuß gefasst. Doch im Hinblick auf die mögliche Transparenz- und Effizienzsteigerung über den gesamten Gebäudelebenszyklus hinweg lohnt es sich, über den Einsatz nachzudenken. Einen hilfreichen Überblick der Normen und Richtlinien im BIM hat Netzwerk buildingSMART Deutschland e.V zusammengestellt.
Planungs- und baubegleitendes FM als Gamechanger in Bauprojekten
Während Länder wie die Schweiz die Wichtigkeit des baubegleitenden FM bereits vor Jahren erkannt haben, steigt die Aufmerksamkeit in Deutschland erst seit Kurzem. Doch die Vorteile des baubegleitenden Facility Managements sprechen für sich:
- Alltagstaugliche Planung
- Kostengünstiger Objektbetrieb – dank Ressourcenschonung auch im Hinblick auf Energiekosten
- Werterhalt und Flexibilität der Immobilie
- Strukturierte Inbetriebnahme und Übergabe des neuen Gebäudes
- Unkomplizierte Wartung
- Attraktivität des Gebäudes über den gesamten Lebenszyklus hinweg
Einen umfassenden Praxisleitfaden haben GEFMA, FMA und IFMA Anfang 2023 veröffentlicht. Vertiefend zu diesem Artikel finden Sie darin konkrete Anleitungen, um sich als als Facility Manager in der Planungs- und Baubegleitung ein zweites Standbein zu schaffen.